im Körper mit Musik und Bild

Barbara Schirmer, Musik
Yves Noyau, Zeichnungen
Claudia Carigiet, Regie und Stimme

Die Musikerin und Hackbrettspielerin Barbara Schirmer und der Zeichner Yves Noyau beschäftigen sich mit dem menschlichen Körper in seinem Veränderungsprozess. Sie treten auf der Bühne in einen assoziativen Klang-Bild-Dialog und entführen dabei das Publikum in tiefere Schichten der menschlichen Existenz, dahin, wo intensive Gefühle wie Schmerz, Lust oder Sehnsucht eine starke körperliche Resonanz erzeugen.
Klänge und Melodien von bizarrer Schönheit nehmen den Zuhörer mit auf eine Reise, während vor den Augen des Betrachters Zeichnungen von primitivster Lebendigkeit entstehen. Der Versuch, den menschlichen Körper für einen kurzen Augenblick im Bild festzuhalten muss misslingen, und er misslingt wahrhaftig. Jede einzelne Zelle ist einem ständigen Wandel ausgesetzt und doch ist der Zerfall des Körpers nicht aufzuhalten. Yves Noyau entwirft und verwirft, seine Bilder entstehen und vergehen.
Zurück bleiben Erinnerungen, Gefühle von Betroffenheit, Einsichten in die Vergänglichkeit.
Zuschauer und Zuhörer sind unmittelbar am Entstehungsprozess beteiligt. Gebannt blickt man auf die Leinwand und wird mit jedem Atemzug selbst mehr und mehr zum Komplizen des Augenblicks. Eine Liebesgeschichte keimt auf. Die Bilder entwickeln sich in beschaulichem Tempo. Erst mit dem letzten schwarzen Strich, mit dem letzten Wisch des feuchten Schwammes oder aber mit einem letzten ausklingenden Ton, offenbahrt sich das, was man als Botschaft des Abends bezeichnen könnte. Hautnah.

Tages-Anzeiger 21.1.2013
Feuilleton
Die Kritiken des Tages

Theater
Der Zeichner Yves Noyau lässt uns abtauchen

Zürich, Theater Stadelhofen – Jedes Bild hat etwas Endgültiges. Für einmal ist das anders, wenn der Zeichner Yves Noyau im Theater Stadelhofen vor die Leinwand tritt und im Gegenlicht eines Scheinwerfers mit blossen Fingern zu malen beginnt: Ein Vogel wird zu einer kräftig umrandeten Brille, der Brillenrahmen verknöchert zu einer Hüfte; Pobacken mutieren zu Brüsten, ein Baby altert zu einem gebückten Mann: In Noyaus «Hautnah» werden der Akt des Zeichnens und die Vergänglichkeit des Daseins zum Ereignis. Unterstützung erhält Noyau dabei von Barbara Schirmer, die den Fingerstrich des Zeichners mit dem Staccato ihres Hackbrettspiels kontrastiert.
Beim Entstehen und Vergehen der sich wandelnden Bilder werden unsere schweifenden Gedanken nur gelegentlich in eine Richtung dirigiert. Eigentlich immer nur dann, wenn Barbara Schirmer an einem Tischchen im Hintergrund Platz nimmt und eine Stimme ab Band einige Brieffragmente vorliest. Es sind die Briefe eines Mannes, der sich nach seiner Geliebten verzehrt und an der Unmöglichkeit der Liebe verzweifelt. Erst gegen Ende, wenn er den letzten Brief unterzeichnet, erhält der Leidenskavalier einen Namen: Alban Berg.Noyaus Bildertheater ist also eine Bebilderung der Affäre zwischen dem Komponisten und Hanna Fuchs, der Schwester Franz Werfels. Was wir im Theater zu sehen bekommen, ist aber viel interessanter als die blosse Illustration dieser spät bekannt gewordenen Liaison zwischen Berg und Fuchs: Mit Noyaus Bildern tauchen wir ab in das Gedankenmeer unserer Assoziationen, aus dem der Zeichner uns nur zuweilen wieder auftauchen lässt, wenn er mit Schwamm und immer schwärzerem Wasser die sich verdüsternden Bilder auswischte, um nochmals neu ansetzen zu können. 75 starke Minuten. (Andreas Tobler)


Biografien

Yves Noyau
Nach dem Gymnasium in Neuchâtel und einer Grafikerlehre in Peseux machte Noyau ein Praktikum als Illustrator und Layouter bei L’Hebdo, Lausanne. Es folgten ein vier monatiger Aufenthalt in Tokio und der Umzug nach Zürich. Dort war von 1987-1991 Illustrator/Concepter im Grafikatelier «Atelier am Wasser».Ab 1991 war er selbstständiger Zeichner tätig. Es folgten interessante Aufträge wie z.B. Art director des Musikmagazin Vibrations, Karikaturist für Pardo News, Tageszeitung des Filmfestivals Locarno, Wöchentlicher Comicstrip im Tages Anzeiger, Politischer Cartoonist in der SonntagsZeitung, Zürich. Seit 2003 ist Noyau Dozent für den Fachbereich Illustration an der HSLU Luzern.
Illustrationen: Cartoons und Comics im: Das Magazin, Du, Spick, NZZ am Sonntag, Strapazin, Zürich; Das Heft das seinen langen Namen ändern wollte, Luzern; Good Boy, Lausanne; Bile Noire, Genf; Le Cahier Dessiné, Culte, L’Imbécile, Paris.
Plakate für: Filme von Djibril Diop Mambéty, Banlieues Bleues Jazzfestival in Paris, La Dolce Vita in Lausanne, Filmfestival für Jugendliche in Val-de Marne, Paris.
Eine Auswahl von Ausstellungen der letzten Jahre:
2011 Fumetto Luzern (Fingerzeichnungen), Périscopages Rennes F (Fingerzeichnungen)
2010 Cartoon Festival Langnau, Cartoonmuseum Basel (Frisch Gestrichen), Kulturlabor Thalwil
2009 Cartoonmuseum Basel (mit Anna Sommer), BD-Fil Lausanne (Faire Surface)
2008 Kunstmuseum La Chaux-de-Fonds (Musée Réduit), BD-Fil Lausanne (Poya Express),
Galerie Papiers Gras, Genf
2007 Pipifax, Zürich, Zeitraum-Exit, Mannheim D (reportage-comics)
2006 Cartoon Museum Kioto Jap (Comicland Switzerland/Pro Helvetia),
Quartier 21 Wien (Comicland Switzerland/Pro Helvetia)

Barbara Schirmer
Nach dem Phil.1 Studium in Bern und einem einjährigen Aufenthalt in Südamerika widmete sich Barbara Schirmer ganz der Musik. Sie hat das Hackbrettspiel von ihrem appenzellischen Vater übernommen und kombinierte als eine der ersten einheimische Musik mit Volksmusik anderer Kulturen. Kontinuierlich baute sie das Hackbrettspiel weiter aus, brach den traditionellen Kontext auf und trat in einen dynamischen Dialog zu ihren musikalischen Wurzeln. Sie entwickelte das Vier-Stick-Spiel für das Hackbrett. Basierend auf der Vibraphontechnik erarbeitete sie eine völlig neue Spielart, die der Klanglichkeit und Mehrstimmigkeit dieses Instrumentes noch unentdeckte Räume öffnet. Für diese musikalische Erweiterung begann sie zu komponieren. Aufträge für Theater-, Film- und Hörspielmusik folgten. Als Solistin sowie mit verschiedenen Gruppen und Projekten hat sie sich weit über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht, zum Beispiel: Festival interculture Senegal, International Drum Festival Korea, Klangkörper Schweiz Hannover, World Week of Santour Iran, Festival Volksmusik kreativ Salzburg, Festival del Caribe Kuba, Festival del Salterio Mexiko sowie Konzerte in Deutschland, Österreich, Ungarn, Slowakei, Weissrussland, Neuseeland, Japan und China. Zahlreiche Radio- und TV-Stationen haben die Künstlerin portraitiert. Mehrere CDs erschienen unter ihrem Label www.hackbrett.com Zurzeit hat die Musikerin im Projekt GLÄND zusammen mit dem Stimmkünstler Christian Zehnder (Stimmhorn, Film Heimatklänge) eine rege Konzerttätigkeit im In-und Ausland.

Claudia Carigiet
Geboren in Disentis/Mustér, aufgewachsen in Chur bis zum Abschluss des Lehrerseminars. Vier Jahre Primarlehrerin in Rhäzüns. Einjährige Reise von Mexico bis Peru. Neue Pläne geschmiedet, dann Prüfung an die Schauspielakademie Zürich bestanden und 1985 mit dem Diplom in Theaterpädagogik abgeschlossen. 1986 Geburt von Tochter Lena, Wohnsitzwechsel nach Malans, Graubünden.1992 Umzug nach Berlin, zwecks Weiterbildung in Gesang und Theater. Eigene Theaterstücke entwickelt und auf die Bühne gebracht, Theaterprojekte mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus anderen Kulturkreisen realisiert. Brasilienreise mit Familie. 1999 ins Dreiländereck (F) bei Basel ausgewandert. Shiatsuausbildung absolviert. Seit 2003 selbständig erwerbend als Shiatsutherapeutin mit eigener Praxis in Basel, Autorin und Theaterfrau im Bereich Regie und Schauspiel. Kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Musiker und Lebensgefährten Jürg Kienberger. Wohnhaft in St. Louis (F) bei Basel.
Eine Auswahl von Theaterarbeiten von Claudia Carigiet der letzten Jahre:
2008 „100 Jahre Waldhaus“ ein Jubiläumstheater für das Hotel Waldhaus in
Sils-Maria, Inszenierung von Christoph Marthaler, Schauspiel
2009 „ils bandits“ ein Klassenzimmertheater in rätoromanischer Sprache für Kinder
zum Thema Grenzüberschreitungen, Uraufführung im Lachenschulhaus in Chur, Regie und Autorin
2010 „Ich Biene – ergo summ“ Ein Bühnensolo mit Jürg Kienberger zum Leben und
Sterben der Bienen, Uraufführung im Kleintheater Luzern, Regie und Coautorin
2011 „Ds’Schparschwii“von Eugène Labiche, Freilichtinszenierung Chur, Schauspielerin